2021 neigt sich dem Ende zu. Die Pandemie hält an und die Anforderungen der Kunden an nahtlose, kanalübergreifende Erlebnisse, Bequemlichkeit und Sicherheit werden immer stärker. Während viele Branchen darunter leiden, beflügelt das den Markt für Sprachassistenten. Wir wagen in diesem Artikel einen Blick in die Glaskugel und verraten euch, welche Voice Trends 2022 wir am Schirm haben.
Heuer wurden in Summe $2,8 Milliarden in Unternehmen investiert, zu deren Tätigkeitsbereich Sprachassistenten und Spracherkennung zählen. Eine genaue Auflistung der einzelnen StartUps findest du in diesem Artikel von Kane Simms. Außerdem übernahm Microsoft das Voice Unternehmen Nuance für $20 Milliarden. Das ist die zweitgrößte Übernahme der Konzerngeschichte.
Voice hat 2021 große Fortschritte in den zugrunde liegenden Technologien, Use-Cases und der Nutzungsintensität gemacht. Immer mehr Unternehmen investieren in die Entwicklung von Sprachassistenten und IVR-Systemen (Interactive Voice Response) um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, Kosten zu senken und Marketingziele zu erreichen. Covid-19 beschleunigte auch heuer wieder die Nachfrage an Sprachassistenten und Chatbots, die im Kundensupport eingesetzt werden, um den hohen Wissensdurst effektiv zu stillen.
Stetig verbesserte NLUs (Natural Language Understanding) ermöglichen immer bessere User-Experiences. Es geht bei Voice aber nicht nur um die NLU, sondern auch um ein möglichst intuitives Erlebnis für die Nutzer. Wie ein solches Erlebnis aussehen könnte, überlegen sich Conversation Designer. In vielen Unternehmen entwickelte sich das Conversation Design mittlerweile als ein entscheidender Zweig des UX-Bereiches.
Voice Trends 2022
1. Voice Strategien für Unternehmen
Covid-19 hat zu taktischen Maßnahmen wie beispielsweise dem Einsatz von Sprachassistenten im Kundenservice geführt. Dadurch haben viele Unternehmen das Potential an Voice-Anwendungen erkannt. Viele von ihnen werden deshalb 2022 zu strategischen Investitionen übergehen und sich fragen, wie und wo Voice mittel- bis langfristig Prozesse optimieren und Nutzererlebnisse verbessern kann. Laut einer Umfrage von Adobe investierten schon vor zwei Jahren 91% der befragten Unternehmen in Voice. Die Größe dieser befragten Unternehmen befindet sich auf hohem Enterprise-Level. 2022 sehen wir diesen Trend auch auf kleinere Unternehmen übergehen.
2. Voice Search
Du kennst das sicher: Menschen sprechen in ihre Smartphones, während sie durch die Stadt spazieren oder in der U-Bahn sitzen. Entweder nehmen sie gerade eine Voice Message auf oder sie nutzen die Sprachsuche. Ein schnelles Wetter-Update, eine Wegbeschreibung oder Informationen über ein lokales Unternehmen in der Nähe. „Wo in meiner Nähe ist eine gute Pizzeria?“ oder „Wo in meiner Nähe ist ein Bankomat?“. Laut einer Studie von BrightLocal nutzten bereits 2019 58% der Befragten die Sprachsuche innerhalb der letzten 12 Monate. 47% davon nehmen mit dem Unternehmen, das sie durch die Sprachsuche gefunden haben, Kontakt auf. Sprachsuchen sind vor allem unterwegs beliebt, weil es einfach Zeit spart. Google hat sogar schon vor 3 Jahren Zahlen zu sehr hohen Interaktionsraten hier veröffentlicht. Ein kurzer Auszug daraus:
+150% bei mobilen Suchen nach „____ jetzt in der Nähe“ (z.B. „Essen jetzt in der Nähe“, „Tankstelle jetzt in der Nähe“)
+900% bei mobilen Suchen nach „____ heute in der Nähe“ (z.B. „Günstiges Hotel heute in der Nähe“, „Kinofilme heute in der Nähe“)
+200% bei mobilen Suchen nach „in meiner Nähe“ + „jetzt“ + „offen“ (z.B. „Restaurant in meiner Nähe jetzt offen“, „Apotheke in meiner Nähe jetzt offen“)
Vor allem wenn die Pandemie endlich vorbei ist, lokale Unternehmen nicht mehr an immer wiederkehrenden Covid-Maßnahmen leiden und die Menschen wieder unterwegs sind, sehen wir diesen Trend ebenfalls rasant weiterwachsen.
Vera hat hier einen spannenden Blogartikel zum Thema Voice Search geschrieben.
3. Voice Commerce
Laut Voice Commerce Report 2020 vom britischen Unternehmen Vixen Labs kaufen schon 40% der Befragten per Sprache ein. Im deutschsprachigen Raum ist das Einkaufen per Sprache für viele noch eine neue Erfahrung. Laut einer Amazon Pay Umfrage aus dem Jahr 2019 gaben 44% der 10.296 Befragten an, dass sie es für wahrscheinlich halten, Sprachsteuerung in den nächsten drei Jahren zumindest für einen Teil ihres Kundenerlebnisses zu verwenden. Die Hauptgründe hierfür sind wenig überraschend Einfachheit und Schnelligkeit. Für das Einkaufen per Sprache in Autos alleine prognosiziert Juniper Research ein Marktvolumen von $86 Milliarden bis 2025. Laut TechCrunch erreicht der Voice Commerce Markt 2022 ein Volumen von $40+ Milliarden. Der Voice Commerce Trend ist Teil des generellen Conversational Commerce Trends. Vor allem in China gehört diese Form des Einkaufens schon zur neuen Normalität. Hier findest du noch einen ausführlicheren Artikel zu diesem Thema. Der Voice Consultant Bekim erzählt in diesem Blogartikel, warum er das Thema Voice Commerce so spannend findet.
4. Telefon-Bots
Der Einsatz von Chatbots im Kundenservice ist nicht neu. Sie sind mittlerweile auf fast allen Websites allgegenwärtig und wollen helfen. Ob ihnen das auch wirklich gelingt, hängt sehr stark von der Umsetzung ab. Dieses Chatbot-System ist text-basiert. Kunden tippen ihre Frage ein und bekommen eine Antwort. Die aktuelle Voice-Technologie ist mehr als bereit, um für die nächste Entwicklungsstufe zu sorgen. Nämlich nicht mehr rein text-basiert, sondern eben sprachbasiert. Das Telefon ist bis heute einer der am häufigst verwendeten Kanälen im Kundensupport. Hier gibt es enormes Potential, um Prozesse zu automatisieren und die Effizienz zu steigern. In den meisten Unternehmen landet man allerdings immer noch bei „Wenn Sie A möchten, drücken Sie 1. Wenn Sie B möchten, drücken Sie 2“. Telefon-Bots sind keine erste Anlaufstelle mehr, sondern echte Problemlöser für mindestens alle Routine-Anfragen wie zum Beispiel Terminvereinbarungen, FAQs, Paket-Sendungsstatus Abfragen, uvm.
5. Multimodales Design
Wenn du mit deinem Smart Speaker interagierst, ist deine Stimme der Input-Kanal und die Sprachausgabe des Sprachassistenten der Output-Kanal. Mit einem multimodalen Design erweiterst du den Input-Kanal durch Touch und den Output-Kanal durch visuelle Elemente wie Bilder und Videos. Multimodale Interfaces kombinieren somit Smart Speaker und Smart Displays. Beliebte Beispiele sind der Echo Show von Amazon und der Nest Hub von Google. Dieser Trend, multimodale Erlebnisse zu schaffen, wird sich im kommenden Jahr fortsetzen. Wer zu diesem Thema ein bisschen mehr lesen möchte: Unsere Freunde von Voiceflow haben einen empfehlenswerten Artikel dazu geschrieben.
6. Apple Siri Shortcuts
Raphael hat erst vor kurzem über die revolutionären Erneuerungen im Siri Shortcut Universum geschrieben. Im Grunde geht es darum, dass man als Voice App Entwickler für Apple Siri keine Voice Apps erstellen kann. Also zumindest nicht auf dieselbe Weise wie für Amazon und Google. Siri Shortcuts bietet allerdings eine Möglichkeit, um doch auch für Apple-Geräte Voice-Apps zu entwickeln. Wie das geht und warum es bis vor kurzem noch sehr kompliziert war, erfährst du in diesem Blogbeitrag von Raphael.
7. Personalisierung
Ein wichtiger Faktor für ein gutes Nutzererlebnis ist Personalisierung. Wenn der Sprachassistent den Nutzer und alle notwendigen Informationen kennt, kann ein sehr zielgerichtetes und angenehmes Nutzerlebnis gestaltet werden. Laut einer Studie von Epsilon kaufen 80 % der Kunden eher ein Produkt oder eine Dienstleistung von einer Marke, die ein personalisiertes Erlebnis bietet.
Bei der Telekom kann man sich beispielsweise eine Voice ID einrichten. Einmal angelegt, wird man bei jedem Support-Anruf anhand seiner Stimme erkannt. Das Ansagen von Kundennummern und Kennwörtern ist dann Geschichte.
Personalisierung steht im Gegensatz zu Datenschutz. Eine Balance zwischen Personalisierung und Privatsphäre zu schaffen, gehört auf jeden Fall zu den Herausforderungen der Zukunft. Laut Accenture Interactive sind 83 % der Verbraucher bereit, ihre Daten weiterzugeben, um ein personalisiertes Erlebnis zu ermöglichen, solange Unternehmen transparent darüber sind, wie sie diese verwenden.
8. Barrierefreiheit
Das Bewusstsein für Barrierefreiheit und Inklusion wächst in Unternehmen und Regierungen. Es ist eine Herausforderung, verschiedenste Anwendungen so zu optimieren, dass sie für möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen körperlichen Fähigkeiten zugänglich ist. Sprachsteuerung kann hier einen sehr wertvollen Beitrag leisten. Die Technologie macht es überflüssig Text einzutippen oder zu lesen und bietet Möglichkeiten, um sich per Sprache durch verschiedenste Anwendungen auf verschiedensten Geräten zu navigieren. Das Potential ist enorm, da es einen sehr hohen Nachholbedarf gibt: Eine Studie zur Barrierefreiheit von WebAIM untersuchte eine Million Top-Websites. Diese Untersuchung ergab, dass 98% die notwendigen Standards nicht erfüllen. Einen ausführlichen Artikel zu diesem Thema und über die verschiedenen Möglichkeiten durch Voice-Anwendungen findest du hier.
9. Voice Push Notifications
Push Notifications sind eine Möglichkeit für Voice App Entwickler, um für mehr Engagement zu sorgen. Das können Erinnerungen, Werbeaktionen oder jegliche anderen Ankündigungen und Informationen sein. Mehr als jede vierte Person in Deutschland besitzt mindestens einen Smart Speaker. Allerdings nutzen „nur“ 57% von ihnen Voice Apps. Es zeigt sich, dass sich mit steigender Nutzungsintensität auch die Nutzung von Voice Apps deutlich erhöht. Das zeigt, dass Voice Apps ein wesentlicher Teil in der Nutzung von intelligenten Sprachassistenten sind. Eine Optimierungsmöglichkeit, um die Nutzungsintensität zu erhöhen, ist eben die Push Notification. Diese Funktion wird im deutschsprachigen Raum noch sehr selten eingesetzt. Hier findest du einen Blogartikel konkret zu Benachrichtigungen und Erinnerungen für Alexa Skills.
Wir freuen uns schon sehr auf ein weiteres spannendes Jahr. Was sind deine Gedanken und Prognosen für 2022? Lass es uns doch in den Kommentaren wissen 🙂